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Information zum Thema Gewalt aus Wien


Sexuelle, körperliche oder psychische Gewalt gegen Frauen und Kinder stellt immer einen massiven Verstoß gegen das Recht auf Leben, Freiheit und Würde und auf die körperlichen und seelischen Unversehrtheit der Opfer dar.

In Kenntnis der weit reichenden psychischen, körperlichen und sozialen Auswirkungen ist Gewalt gegen Frauen und Kinder als ein ernstes gesamtgesellschaftliches und gesundheitspolitisches Problem anzusehen.

Zahlreiche internationale Vereinbarungen und Resolutionen sind aus diesem Grund seitens des Europarates und der Vereinten Nationen zur Bekämpfung von Gewalt an Frauen und Kinder getroffen worden.

Als Beispiel sind hier etwa die UN-Konvention gegen jede Diskriminierung der Frau (1979), die 1982 von Österreich ratifiziert wurde, die UN-Erklärung über die Beseitigung der Gewalt gegen Frauen (1993), oder die Entschließung zu Gewalt gegen Frauen des Europäischen Parlaments (1997) zu nennen.


Wie wird "Gewalt gegen Frauen" definiert?

Gewalt gegen Frauen wurde bei der vierten Weltfrauenkonferenz 1995 in Beijiing folgend definiert:

Der Begriff "Gewalt gegen Frauen" bezeichnet jede Handlung geschlechtsbezogener Gewalt, die der Frau körperlichen, sexuellen oder psychischen Schaden oder Leid zufügt oder zufügen kann, einschließlich der Androhung derartiger Handlungen, der Nötigung oder der willkürlichen Freiheitsberaubung in der Öffentlichkeit oder im Privatleben. Infolgedessen umfasst Gewalt gegen Frauen unter anderem folgende Formen der Gewalt:

  • körperliche, sexuelle und psychische Gewalt in der Familie, namentlich auch Misshandlungen von Frauen, sexueller Missbrauch von Mädchen im Haushalt, Gewalt im Zusammenhang mit der Mitgift, Vergewaltigung in der Ehe, Verstümmelung der weiblichen Geschlechtsorgane und andere traditionelle, für die Frau schädliche Praktiken, Gewalt außerhalb der Ehe und Gewalt im Zusammenhang mit Ausbeutung;
  • körperliche, sexuelle und psychische Gewalt in der Gemeinschaft, so auch Vergewaltigung, sexueller Missbrauch, sexuelle Belästigung und Einschüchterung am Arbeitsplatz, an Bildungseinrichtungen und anderswo, Frauenhandel und Zwangsprostitution;
  • vom Staat ausgeübte oder geduldete körperliche, sexuelle und psychische Gewalt, wo immer sie auftritt.

Unter den weiteren Gewalthandlungen gegen Frauen sind zu nennen: die Verletzung der Menschenrechte von Frauen in Situationen des bewaffneten Konflikts, insbesondere Mord, systematische Vergewaltigung, sexuelle Versklavung und erzwungene Schwangerschaft.

Zu den Gewalttaten gegen Frauen zählen auch Zwangssterilisation, erzwungener Schwangerschaftsabbruch, unter Nötigung erfolgende oder erzwungene Anwendung von Empfängnisverhütungsmitteln, die Tötung weiblicher Neugeborener und die vorgeburtliche Geschlechtsselektion.

Besonders anfällig für Gewalt sind darüber hinaus einige Gruppen von Frauen, beispielsweise Frauen, die Minderheiten angehören, autochthone Frauen, Flüchtlingsfrauen, Migrantinnen, so auch Wanderarbeitnehmerinnen, arme, auf dem Land oder in entlegenen Gebieten lebende Frauen, mittellose Frauen, in Anstalten lebende oder der Freiheitsentziehung unterworfene Frauen, repatriierte Frauen, in Armut lebende Frauen sowie von Situationen des bewaffneten Konflikts, fremder Besetzung, Angriffskriegen, Bürgerkriegen, Terrorismus, namentlich auch der Geiselnahme betroffene Frauen.



Welche Formen der Gewalt gibt es?

Sexuelle Gewalt

Vergewaltigung ist kein aggressiver Ausdruck von Sexualität, sondern ein sexueller Ausdruck von Aggression.

Sexuelle Gewalt ist ein Akt der Aggression und der Machtausübung und nicht ein Resultat der unkontrollierbaren Triebe des Täters.

Als sexuelle Gewalt sind alle sexuellen Handlungen anzusehen, die dem Opfer aufgedrängt oder aufgezwungen werden und der Widerstand durch unterschiedliche Gewaltformen, wie etwa durch Drohungen, Erpressungen, Misshandlungen oder Freiheitsentzug, gebrochen wird.

Zu sexueller Gewalt zählen Vergewaltigung, versuchte Vergewaltigung, sexueller Missbrauch, sexuelle Belästigung und auch alle Formen sexueller Bedrohung, übergriffe oder Ausbeutung, die einen Eingriff in die Würde und Freiheit des Opfers darstellen.


Familiäre Gewalt

Das Ausmaß der Gewalt in einer Beziehung kann von psychischen Demütigungen, wie Beschimpfungen, Abwertungen vor Bekannten oder Freunden über Drohungen wie "die Kinder wegzunehmen" oder "sie umzubringen", bis zu schweren körperlichen Misshandlungen reichen.

Die Kontrolle sämtlicher Lebensbereiche der Frau, das Erzeugen von Angst und Hilflosigkeit durch unkontrollierbare Wut- und Gewaltausbrüche, das Bestehen auf Regeln (z.B. pünktliches Abendessen, Untersagen von Telefonaten, das Haus nur zu bestimmten Zeiten verlassen zu dürfen) bis hin zum Unterbinden sämtlicher Beziehungen und Bindungen der Frau zu anderen Personen, stellen ebenfalls häufige Methoden der Gewaltausübung dar.

Diese oft über Jahre gehende Gewalt führt zwangsläufig nicht nur zu einer sozialen Isolation der Opfer sondern auch zu einer schweren körperlichen und psychischen Traumatisierung, mit der oft auch ein Verlust der eigenen Selbsthilfemechanismen einher geht. So werden der Weg aus der Isolation und die Möglichkeit fremde Hilfe in Anspruch zu nehmen immer schwieriger. Vielfach bestehen zusätzliche soziale und finanzielle Abhängigkeiten, die es den betroffenen Frauen fast unmöglich machen aus der Gewaltbeziehung auszubrechen, sich scheiden zu lassen oder sich zu trennen. Die Angst vor einer Gewalteskalation in der Zeit der Trennung, die Angst um die Kinder, die Unsicherheit oder Unkenntnis über die rechtliche Möglichkeiten und die Isolierung vom sozialen Umfeld können zusätzliche Gründe sein, die den Verbleib in der Gewaltbeziehung fördern.


Körperliche oder sexuelle Gewalt an behinderten Personen

Gewalt gegenüber älteren und pflegebedürftigen Personen sowie Gewalt gegen geistig behinderte Kinder und Erwachsene stellen gerade durch die hohe Abhängigkeit der Betroffenen von dem betreuenden Umfeld eine ganz spezifische Problematik dar. Es muss auch davon ausgegangen werden, dass die Dunkelziffer in diesen Bereichen extrem hoch ist. Dies hängt vor allem damit zusammen, dass der betroffene Personenkreis vielfach nicht in der Lage ist, selbständig einen Kontakt außerhalb der Pflegeumgebung herzustellen.

Weiters können Knochenbrüche oder Hämatome auch wesentlich häufiger auf eine Selbstverletzung oder auf Stürze zurückgeführt werden, als dies bei nicht behinderten Personen der Fall ist. Zusätzlich besteht bei den Betroffenen auch häufig eine Einschränkung in der Artikulations- und Ausdrucksfähigkeit, wodurch ein Mitteilen von Misshandlungen oft gar nicht möglich ist oder in der Art erfolgt, dass es von den AnsprechpartnerInnen nicht entsprechend ernst genommen wird. Spezifische Betreuungs- und Präventionsmodelle sind hierbei von ganz wesentlicher Notwendigkeit.



Welche Folgen kann Gewalt haben?

Akutfolgen

Psychische, sexuelle oder körperliche Gewalterfahrungen führen bei den betroffenen Opfern immer zu einer schweren Traumatisierung. Die psychischen oder körperlichen Folgen können in unterschiedlicher Stärke und Ausprägung auftreten. Die Angst, nicht ernst genommen zu werden, Hilflosigkeit und Unsicherheit, der Wunsch, das Geschehene ungeschehen zu machen, Scham- und Schuldgefühle begleiten die Frauen über einen langen Zeitraum. Nach einer Vergewaltigung leiden die betroffenen Frauen vielfach unter Schlafstörungen, Angstzuständen oder Albträumen.


Langzeitfolgen

Gewalt an Frauen und Kinder kann bei den Opfern zu schweren Sekundärerkrankungen und Langzeitschäden führen, die Folgen einer psychischen, physischen und sozialen Multitraumatisierung durch die Gewalttaten sind. Bei den Langzeitfolgen sind einerseits psychische Symptome als auch eine Vielzahl von somatischen Störungen mit einer starken Ausprägung zur Chronifizierung zu beobachten.

So weisen Opfer von Gewalt häufig Angstzustände, Panikattacken, Depressionen, eine erhöhte Suizidalität und auch psychiatrische Erkrankungen auf. Bei den körperlichen Folgen können vor allem Beschwerden des Magen-Darmbereiches, des Herz-Kreislaufsystems, oder chronisch gynäkologische Symptome auftreten.

Vielfach kann die Gewalterfahrung verdrängt sein und es besteht keine bewusste Erinnerung an die Tat. Durch irgendeinen Vorfall, einen Geruch, einen Film oder eine bestimmte Situation, aber auch durch ein aktuelles krisenhaftes Geschehen (z.B.Trennung vom Partner, Verlust des Arbeitsplatzes, Todesfall in der Familie) kann die in der Vergangenheit erlebte Traumatisierung wieder ins Bewusstsein treten. Die Phase des Wiedererinnerns wird häufig von plötzlich auftretenden Bildern oder Szenen von der Gewalttat, Angstzuständen und körperlichen Beschwerden begleitet.



Wie kann das Trauma bewältigt werden?

Die mit der Gewalttat verbundene Demütigung, das Erleben der eigenen Ohnmacht bis hin zur Todesangst lösen bei den Betroffenen häufig eine schwere traumatische Krise aus.

Viele Frauen befinden sich zum ersten Mal in ihrem Leben in einer Situation, in der sie fremde Hilfe brauchen.

Dennoch scheuen sich viele Frauen und Mädchen über das Erlebte zu reden.

Die Befürchtung, nicht ernst genommen zu werden, die Angst vor weiteren Demütigungen, die Furcht vor neuerlicher Gewalt oder der Wunsch, das Erlebte einfach nur vergessen zu können, sind vielfach Gründe für das Schweigen.

Das Ungeheuerliche bleibt unausgesprochen. Es wird zum belastenden Geheimnis.


Aufarbeitung

Die Aufarbeitung des Erlebten beginnt meist einige Monate nach der Gewalttat.

Dabei wird die Vergewaltigung oder Gewalterfahrung in Zusammenhang mit der eigenen Lebensgeschichte gesehen, Themen wie Identität, Schuld, Selbstwert und Widerstand gewinnen an Bedeutung.

Wichtige beeinflussende Faktoren stellen auch frühere traumatische Erfahrungen in der Lebensgeschichte und die dabei entwickelten und erlernten Bewältigungsstrategien dar.


Neuorientierung

Die traumatischen Erinnerungen und die damit verbundenen Gefühle können mit der Zeit von der betroffenen Frau nicht nur zugelassen, sondern auch kontrolliert werden. Das Wiedererlangen der eigenen Kompetenzen steht in engem Zusammenhang mit einer Neuorientierung und der Fähigkeit, das traumatische Erlebnis in die persönliche Geschichte integrieren zu können.


Beratung und Betreuung

Für die betroffene Frau kann in der akuten Zeit nach einer Gewalterfahrung sowohl ein verstehendes Umfeld als auch die Unterstützung durch eine Beratungsstelle eine wichtige erste Hilfe darstellen.

In dieser Phase werden plötzlich die eigenen Werthaltungen und Lebensgrundsätze in Frage gestellt. Das Gefühl von Sicherheit und das Grundvertrauen in die eigene Selbstbestimmtheit sind erschüttert. Hier gilt es im Gespräch zu vermitteln, dass Gefühle der Unsicherheit und Orientierungslosigkeit normale Reaktionen auf die Gewalttat sind und die Inanspruchnahme fremder Hilfe keineswegs ein Ausdruck von Hilflosigkeit, sondern von Stärke ist.

Ein wichtiges Ziel in der Krisenbetreuung ist es daher, die betroffene Frau darin zu bestärken, dass Gefühle wie Selbstzweifel und Selbstvorwürfe, Ohnmacht und Hilflosigkeit, Scham und Ekel, normale und wichtige Reaktionen auf die unfassbare Gewalttat sind. Das Begreifen und Verstehen, dass die eigene Persönlichkeit durch die Tat tief greifend verändert wurde, braucht oft viele Jahre und hängt auch sehr davon ab, ob die Frau die Tat als das ansehen kann, was sie ist—ein schwerer und durch nichts zu entschuldigender brutaler Angriff auf ihr Leben, auf ihre Integrität.



Wenn Sie selber Rat und Hilfe brauchen

Wenn Sie selber betroffen sind

Vielleicht haben Sie beim Lesen dieser Seiten Mut gefunden, über Ihre Gewalterfahrung mit jemandem zu sprechen.

Vielleicht denken Sie dabei an die beste Freundin, an eine gute Bekannte oder jemanden aus Ihrer Familie oder sogar an jemand, den Sie schon länger nicht mehr gesehen haben.

Vielleicht ist Ihnen aber die Vorstellung sich an eine Beratungsstelle geweinr.doc zu wenden, lieber, weil Sie dabei anonym bleiben können und erst einmal am Telefon mit einer Beraterin reden können.

Es ist auch normal, wenn Sie zögern, vielleicht die Telefonnummer wählen und wieder auflegen. Wenn Sie sich einen Beratungstermin ausmachen und wieder absagen.

Wenn Sie noch nie mit jemanden darüber gesprochen haben und lange—vielleicht sehr sehr lange—mit Ihrer Geschichte alleine waren, so braucht es auch Zeit, sich zu trauen sich jemandem anzuvertrauen.

Unabhängig davon, wozu Sie sich schließlich entscheiden, ist es ganz wichtig, dass Sie den Mut finden, Ihr Schweigen zu brechen und sich jemanden anvertrauen—denn das ist ein wesentlicher Schritt aus der Isolation in Richtung Auseinandersetzung und Bewältigung der traumatischen Erfahrung.


Wenn Sie Betroffene kennen

Sollte sich eine Freundin, eine Bekannte, ihre Partnerin, eine Arbeitskollegin oder jemand aus Ihrem sozialen Umfeld an Sie wenden und Ihnen von ihrer Gewalterfahrung erzählen, so können Sie am besten helfen, wenn Sie sich über Folgendes bewusst sind:

  1. Sie haben eine wichtige Rolle als Vertrauensperson—nehmen Sie das ihnen entgegengebrachte Vertrauen ernst und hören Sie einmal nur zu.

  2. Tun Sie nichts, was dieses Vertrauen erschüttern könnte, das heißt auch, erzählen Sie ohne das Einverständnis der Betroffenen niemand anderem davon.

  3. Gefühle wie tiefe Betroffenheit, Ohnmacht, Hilflosigkeit, die Sie empfinden, wenn Sie die Geschichte zum ersten Mal hören sind normal—scheuen Sie sich nicht, diese auch zu zeigen.
    Ihre Freundin oder Bekannte erwartet nicht professionelle Hilfe, sondern emotionalen Beistand. Auch Wut, Zorn, und Aggression gegenüber dem Täter sind normale Reaktionen, aber drängen Sie deshalb ihre Freundin oder Bekannte nicht, sofort etwas zu unternehmen (z.B. Anzeige) sondern besprechen Sie mit ihr was sie sich schon überlegt hat.
    Oft bedarf es noch Informationen über die rechtlichen Möglichkeiten, aber ganz besonders der inneren eigenen Entscheidung der Betroffenen, den Weg zu einer Anzeige zu gehen.

  4. Wenn Sie unsicher sind wie Sie helfen können, so ist es ganz wichtig sich zuzugestehen, dass man selber auch in dieser Situation professionelle Hilfe in Anspruch nehmen kann.
    Wenden Sie sich mit ihren Fragen an eine Beratungsstelle, wo ihre Probleme anonym und vertraulich behandelt werden. Vielfach kann die Beratung von einer Vertrauensperson auch für die Betroffene den Schritt ermöglichen sich selber professionelle Hilfe und Unterstützung zu holen.

Reproduziert hier März 27, 2004, von ehemaligen Seiten © wien.at: Magistrat der Stadt Wien, Rathaus, A-1082 Wien.




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